3.5.2023
Die Pflicht zur fehlerfreien Behandlung
Es ist so, dass die Regierungsvorlage die Ärzte als die Träger der medizinischen Versorgung bezeichnet hatte.
Hiergegen wandten sich die Vertreter der Patienten mit der Auffassung, dass die Krankenkassen nach § 182 ihren
Versicherten kostenlose ärztliche Behandlung zu gewähren haben, und deshalb nur diese als Träger der
Krankenversicherung bezeichnet werden könnten. Diesem Standpunkt trug der Gesetzgeber mit § 368 n Abs.l Rechnung,
mit dem Auftrag an die Patientenvertreter, die nach § 182 den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung der
Patienten sicherzustellen und die kassenärztliche Versorgung entsprechend den gesetzlichen und
vertraglichen Vorschriften
zu gewährleisten.
Aus dieser Sicherstellung ergab sich dann die weitere Verpflichtung zur entsprechenden Überwachung der Ärzte und
Krankenhäuser. Da sich die Sicherstellung der von den Ärzten auszuführenden Versorgung von der in Händen der
Versicherung liegenden Honorierung der ärztlichen Leistungen nicht trennen ließ, die den Regeln der medizinischen
Kunst entsprechende ärztliche Tätigkeit wiederum zur notwendigen Voraussetzung eine ordnungsgemäß garantierte
Qualität der Behandlung hatte, ergab sich als geradezu logisch zwingende Folge, dass die Anwälte der Patienten
verpflichtet wurden, sich mit dem
Medizinrecht
zu befassen, und die Interessen, bzw. mit den Worten des Gesetzes "die Rechte" der Patienten gegenüber den Ärzten
und Krankenhäusern zu wahren.
Es stehen sich demnach bis hier die Gewährleistungs- und Überwachungspflicht einerseits und die Pflicht zur
sorgfältigen Behandlung und vollständigen Aufklärung des Patienten über die Operationsrisiken gegenüber den
Gutachtern andererseits nach dem Willen des Gesetzgebers bei der so erkennbaren Notwendigkeit der ordnungsgemäßen
ärztlichen und medizinischen Behandlung andererseits zumindest gleichrangig gegenüber.
Medizinische Fehler
An dieser Stelle drängt sich aber die Frage auf, ob die erwähnte Behandlungspflicht nicht sogar entgegen der Folge
im Gesetzestext gegenüber der Gewährleistungspflicht für Falschbehandlung und
medizinische
Fehler den alleinigen Vorzug hat. Diesbezüglich bedarf es einer Betrachtung des Rechtsverhältnisses zwischen den
Patienten und den an der medizinischen Versorgung beteiligten Ärzten und Leistungserbringern:
Das
Rechtsverhältnis zwischen dem Patienten und dem Arzt
ist nicht als ein Vertragsverhältnis des öffentlichen
Rechts, sondern als ein auf der Mitgliedschaft in einer ärztlichen Kooperation beruhendes Behandlungsverhältnis
anzusehen (BSG-Urteil 24.l0.196l in Sozialrecht § 368 n Nr.4). Ihrem Wesen nach muss man die Patientenanwälte als
vom Gesetz gewollte Gruppe ansehen, in der die Ärzte auf Grund des ihnen durch die Zulassung erteilten
Behandlungsauftrags in direkter Verbundenheit die ärztliche Versorgung sicherstellen und nach ihren Leistungen
einen Anteil an der Ärztlichen Vergütung erhalten (Hess-Venter 1955 § 368 k Anm.I).
Aus dieser Verbundenheit heraus ergibt sich zunächst, dass die geschädigten Patienten schon aus ihrer
schützenswerten Position
heraus gegenüber ihren behandelnden Ärzten gezwungen sind, ihre Rechte gegenüber
Falschbehandlungen und Behandlungsfehlern wahrzunehmen; und wenn dann noch obendrein diese Interessenwahrnehmung
vom Gesetz ausdrücklich betont wird, kann das nur so zu verstehen sein, daß diese Interessenwahrnehmung mit der
Bedeutung einer Vorrangigkeit gegenüber der Gewährleistungspflicht und der Haftung durch die Haftpflichtversicherung
des Arztes oder Krankenhauses unterstrichen ist.
So ist dann auch begreiflich, dass z.B. Berthold ("Der Schutz des Patienten gegen Pfusch und Behandlungsfehler"
6. Aufl. S.61) von einer notwendigen einseitigen Interessenwahrnehmung durch die
Patientenvertreter
und Fürsprecher spricht. Die Tatsache, dass dem § 368 n Abs.l Satz 2 eine weitergehende Bedeutung zukommt als nur
diejenige, wie sie sich aus der Einbettung dieser Bestimmung zwischen die Sätze 1 und 3 dieses Paragraphen mit
Bezug auf die medizinische Versorgung ergibt, ist in anderer Beziehung auch von der Rechtsprechung der Kammern für
Arzthaftpflichtsachen bestätigt, wonach die Vorschrift auch besagt, dass die Interessenwahrnehmung der
Patientenanwälte für die geschädigten Patienten sich nicht nur auf Schmerzensgeldfragen allein zu beschränken hat,
sondern alle Belange der Patienten berücksichtigen muss.
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